Samstag, 30. Juli 2011

grausam, aber notwendig


es ist ein tag zum geschichte schreiben, sagt er
noch einmal zu seinem haustier, die ausgestopfte
erinnerung mit den computeraugen, so denkst du
über ihn, ich weiß noch, wie alles zu normal war
für einen, der sich im krieg befindet, da werden
opferzahlen nach unten korrigiert, in dieser
verkehrten welt muss ein zweiundzwanzigster juli
das doppelte eines elften septembers sein, sonst
reicht es nicht aus zum gedichte schreiben,
in denen man wörter vermeiden muss, die sich
nicht auf ego shooter reimen, der ist nur ein jahr
jünger als du
, sagst du, sieht aber älter aus,
und ich könnte behaupten, es läge daran, dass ich
mich neuerdings immer jünger fühle und auch
immer sozialdemokratischer, bis ich nahezu perfekt
ins opferprofil passe, aber: so ist das, sage ich nur


© Horlemann Verlag, 2013

Montag, 25. Juli 2011

Die Sache mit dem Datum


Wann genau es anfing, weiß ich nicht mehr, aber es muss vor etwa anderthalb Jahren gewesen sein. Damals begann ich, mich an den Kalenderdaten der Vergangenheit zu orientieren und sie auf die Gegenwart zu beziehen. "An einem 06. September im letzten Jahr war ich noch glücklich." "Heute vor vier Monaten war ich noch gesund." "Am XX.XX.20XX gab es noch eine andere Zukunft."

Ich fing an, aus den vergangenen Kalenderdaten ein Gerüst für mein Leben zu errichten. Ich schrieb kurze Vermerke in einen Taschenkalender. Die Daten, an denen alles gut gewesen war, begannen sich zu entfernen.

Dann war eines Tages tatsächlich wieder alles gut, und die vergangenen Zeitpunkte, zu denen dies der Fall gewesen war, wurden unwichtiger. Es hätte so bleiben können, aber es blieb nicht so. Eine neuere Vergangenheit entstand, mit ihren eigenen Daten.

Ich habe das Gerüst der Kalenderdaten immer weiter ausgebaut, bis ich den Überblick verloren habe. Mit zunehmendem Umfang vergaß ich, welche Daten wichtig waren und welche nicht. Ich wusste nicht mehr, wann alles gut war und wann nicht mehr. Wenn ich in den Taschenkalender sah, konnte ich meine eigenen Abkürzungen oftmals nicht mehr deuten oder hatte das Gefühl, Eintragungen vergessen zu haben, die unglaublich wichtig gewesen wären.

Vielleicht sollte ich mir einen größeren Kalender kaufen. Tagebücher mochte ich noch nie.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Bathroom Rules