Montag, 10. August 2009

Mainzer Kulturtelefon - Podcast


Inzwischen gibt es meinen Beitrag auch online:

http://www.mainzer-kulturtelefon.de/2009/myriam-keil

Donnerstag, 6. August 2009

Pünktchen und die Ostsee-Urlauber


Im vergangenen Jahr war das Geschrei noch groß: Die vor Jahren durch Touristen eingeschleppten asiatischen Marienkäfer vermehren sich ungebremst und fressen ihre hier einheimischen Verwandten! Bald wird es keine echten Marienkäfer mehr geben! Dabei sind die doch so schön und haben so akkurat abgezirkelte runde Punkte, nicht so hässlich ausgefranste wie die Asiaten. Im Fernsehen liefen Reportagen, in denen Hausbesitzer auf dem Land ihre Fenster öffneten und anklagend auf die an den Gummidichtungen hockenden gepunkteten Einwanderer deuteten.

Und jetzt? Das Blatt hat sich gewendet. Dieses Jahr zeigt RTL mit Wonne Berichte über Urlauber an der Ostsee, die von Tausenden und Abertausenden unserer lieben einheimischen(!) Marienkäfer heimgesucht werden. Selbige werden mal eben schnell vom Betreiber einer Gaststätte mit Handbesen und Schaufel eingesammelt, und was im Anschluss mit ihnen passiert, verschweigt RTL dem zart besaiteten Zuschauer. Natürlich kommen auch die Urlauber zu Wort. Wir erfahren von einer käfererprobten Dame, dass die Plagegeister "so ein gelbes Zeug absondern, das auf der Haut brennt". (Und ich dachte immer, das Brennen käme davon, dass die Biester gern mal zwicken, und das gelbe Zeug sei nur...naja, was gelbes Zeug, das Käfer aus Körperöffnungen ablassen, halt so ist.)

Aber nicht nur an der Ostsee tummeln sich die roten Gesellen mit den schwarzen Punkten dieses Jahr en masse. Auch in Hamburg bekommt man einen kleinen Eindruck davon, dass in diesem Sommer alles anders ist. Zwar braucht man hier keinen Handbesen, aber man muss stehen bleiben. Jawohl, stehen bleiben. Mehrmals täglich kommt man in Situationen, wo ein planlos durch die Gegend surrendes Marienkäferchen die Vorfahrt missachtet und einen zum Stehenbleiben nötigt – es sei denn, man gehört zu den ganz Hartgesottenen, die einen Zusammenstoß an Stirn, Augenlid oder Mund nicht scheuen (so niedlich sie auch am Finger empor krabbeln mögen, so gruselig fühlen sie sich beim Anrempeln im Flug an). Da wünscht man sich doch die asiatischen Krabbeltierchen zurück. Die hielten sich für gewöhnlich dezent zurück, Handbesen und Mundschutz konnte man sich sparen. Wobei der Mundschutz in diesen Tagen vielleicht nicht das Schlechteste ist, aber das ist wieder ein anderes tierisches Thema.

Ach ja: Heute morgen habe ich im Bus einen Marienkäfer gesehen. Er war total klein, gelb und hatte unheimlich viele schwarze Punkte. Er sah schon ein bisschen mitleiderregend aus. Du wärst jetzt bestimmt gern an der Ostsee, habe ich gedacht. Aber weißt du was? Dieses Jahr wird das nix mehr. Ich fahre dann vielleicht nächstes Jahr hin. Du wohl eher nicht. Wandsbek Markt ist Endhaltestelle, und so wie du ausschaust, vergisst du bestimmt das Aussteigen.

Montag, 3. August 2009

archivbild III


neue räume fordern klingel
schilder und briefkästen
mit den namen dieser und
jener person die man einmal
ansprechen wird neulich
sagt man und haben sie schon
gehört im hausflur immer
dieser kinderwagen aber die
fahrräder sind noch schlimmer
und stellen sie sich mal vor


© Horlemann Verlag, 2013