Dienstag, 30. September 2014

Nichtgedichte


Als ich das allerletzte Gedicht meines Lebens schrieb, war ich mir dessen sehr bewusst. Es war im November 2012, es war für Katrin Seddig, es war das letzte Gedicht für meinen Lyrikband "dezimierung der einmachgläser". Und eben das allerletzte Gedicht meines Lebens. Denn jenen Lyrikband hatte ich zu einer Zeit begonnen, als ich noch glaubte, dass Lyrik mir etwas bedeuten müsste, da sie mich immerhin umgab und da immerhin Menschen etwas an meiner Lyrik fanden; etwas, das ich selbst nie an ihr finden konnte, so sehr ich auch danach suchte. Ich beendete diesen Band, weil ich gerne Dinge zu Ende bringe. Ich beendete ihn im November 2012, ich hielt ihn in der Hand im März 2013, ich las das letzte Gedicht meines Lebens und fand es seltsam, wie es da so selbstverständlich auf Seite 9 stand, obwohl es doch das allerletzte Gedicht meines Lebens war.

Es kommt bisweilen noch vor, dass ich Worte finde, die sich aneinanderreihen und die früher zum Gedicht geworden wären, sich mehr als nur ein paar weitere Wort-Begleiter gesucht hätten. Heute tun sie das nicht mehr. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sind nicht mehr als ein Gedanke, der sich nicht wegbewegt in die Furcht vor sich selbst oder in Abwägungen. Sie halten still in ihrem Moment.

Unter dem Hashtag #nichtgedicht finden sie sich auf meinem Twitter-Account.