Sonntag, 29. Mai 2011

Marc Hermann // vom verschwinden bleibt


Im Jahr 2003 las ich zum ersten Mal einen Text von Marc Hermann. Damals gewann er mit dem Prosatext Finistère einen Wettbewerb. Mit diesem Text fing vieles an, vermutlich im Hinblick auf seine eigene literarische Entwicklung, ganz sicher aber im Hinblick auf meine. "Finistère" hat mich nämlich derart umgehauen, dass ich beschloss: So gut willst du auch mal werden. Oder es zumindest versuchen.

Irgendwann habe ich dann Kontakt zu Marc Hermann bekommen (kann mich gar nicht mehr erinnern, wann und wie eigentlich) und ihm verkündet, dass er unbedingt ein Buch rausbringen müsse. Nochmal ein paar Jahre später hat er dann endlich auf mich gehört (das rede ich mir gern ein, also pscht, nicht widersprechen), und Ende 2010 erschien "vom verschwinden bleibt", das nun hier neben mir auf dem Schreibtisch liegt - mit etwas Verspätung ausgelesen und meinen Respekt genießend.

Vor ein, zwei Jahren habe ich beschlossen, nie wieder einen Lyrikband zu rezensieren, denn eigentlich ist Lyrik (weder meine eigene, noch die anderer Autoren) nichts, was ich in meinem Leben brauche. Ich würde sie nicht vermissen, wenn sie nicht da wäre. Prosa schon. Deshalb - und weil ich mir auch gar nicht anmaßen mag, Lyrik zu beurteilen – folgen nun lediglich ein paar Gedanken, die ich beim Lesen eines Buches hatte, auf das ich viele Jahre gewartet habe.

Welchen Satz man seinem Papagei besser nicht beibringen sollte, erfährt man auf Seite 14. Und dass Männer sich selbst anfassen, auf Seite... nun, aber das ist ja nichts Neues. Im Gegensatz zum Talkshowgast, der erklärt, dass ihm Purzelbäume wichtig sind. Etwas Erheiterndes hat dieses Buch an vielen Stellen, und das braucht es auch, denn so einiges ist darin tatsächlich gerade im Verschwinden begriffen. Und Verschwinden benötigt Humor und Ironie, um sich nicht an sich selbst zu verschlucken. Neben dem Humor steht hier als weitere Umgangsmöglichkeit mit dem Verschwinden auch die Transformation. Etwas verschwindet und bleibt dennoch wie transformiert in anderer Form erhalten.

Oft waren es die kurzen Gedichte, die mich am meisten angesprochen haben. Momentaufnahmen, knappe Wahrnehmungen aus dem Alltag wie in "das schwarze auge des fisches", die auf geradezu beklemmende Weise in etwas sehr viel Größeres übergehen, in diesem Fall gar in einem "loch im weltall" enden. Diesen Übergang zu schaffen, ohne unglaubwürdig und übertrieben zu wirken, ist nicht einfach, doch in diesem Buch ist es meiner Meinung nach erstaunlich oft geglückt.

Wie seine Gedichte entstehen, beschreibt der Autor selbst am besten: "ich mache sie aus den dingen die mich umgeben / mache sie aus all dem unerzählten / raum" (aus: "verse", Seite 86).
So ist das. Der unerzählte Raum im Alltäglichen.

Aber einen Wermutstropfen gibt es dann doch. Vielleicht hätte ich meinen Buchwunsch damals präzisieren sollen, denn angefangen hat meine Leidenschaft für Marc Hermanns Texte immerhin durch seine Prosa, und eigentlich hatte ich ja einen Kurzgeschichtenband mit "Finistère" als Schlusstext auf meinem Wunschzettel. Tja, das hat man davon, wenn man sich nicht klar ausdrückt. Jetzt muss ich wohl nochmal ein paar Jahre lang betteln...

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