Freitag, 8. Mai 2009

Visuelles von Fritz Huber


Eine schöne Sache ist der gerade frisch im Arovell Verlag erschienene visuelle Lyrikband von Fritz Huber. "Ein Affe im Schlaraffenlande" nennt er sich und ist untertitelt mit "erzählbilder & miniaturen".

Unter anderem gibt es darin ein ganzes Kapitel mit Berührungen, die zu konkreten Formen werden:


          die
         allee
       erlaubt
      be    rüh
    run      gen
   nur in ferner
  un           end
 lich           keit


Und auch sonst wird viel gespielt: mit dem richtigen Platz für Buchstaben und Wörter, mit der Mehrfachnutzung von Wortteilen, mit Sprachumgehung und einigem mehr.

An vielen Stellen des Buches muss man schmunzeln, ganz wie es dem Affen im Schlaraffenlande gebührt:


  |        /WURZE
  |      /     LBEH
  |    /         AND
  |  /           LUN
  |/                G


Dargestellt werden aber nicht nur Zahlenfriedhöfe, Knopflöcher und Reißverschlüsse, sondern auch weniger Gegenständliches, das man länger auf sich wirken lassen muss, weil es mehr Raum für eigene Interpretationen bietet.

Mein persönliches Lieblingskapitel ist allerdings eines der (im Vergleich) weniger visuellen, die "doppelgedichte" - weil ich Fritz Hubers Lyrik als solche schätze und die Bilder im Kopf mir dabei die liebsten sind:


auf gedeih


meine kassiber
mit geschlossenen
fallschirmen
über unbekannten
abwerfen


& verderb


um sprungtüchern
verschränkter arme
in die hände zu fallen
die mich entschlüsseln


Fritz Huber selbst sagt zu dem Buch, er habe sich in Schreibseminaren und Wettbewerben mit Gebieten der Poesie beschäftigt, die vernachlässigt würden. Aufgrund dieser Anlässe sei ein Grundstock an Arbeiten entstanden, der weiter ausgebaut wurde. So entstanden die "erzählbilder & miniaturen".

Bezüglich einiger Kapitel spricht er bespielsweise von "Synergie" oder vom "sparsamen Umgang mit Ressourcen".

Synergieeffekte in der Lyrik durch visuelle Darstellungen sind natürlich nichts Neues, aber sie werden dennoch nicht allzu häufig genutzt. Vielleicht, weil es so viele unflexible Liebhaber des reinen Wortes gibt wie mich? Oder weil es einfach schwierig ist, Wort und Optik dergestalt zu vereinigen und der Affe im Schlaraffenlande damit ganz schön viel zu tun hat? Trotzdem können solche Synergieeffekte, wenn man sie zu nutzen weiß, immer wieder neue Türen öffnen. Das wird auch an vielen Stellen dieses Buches offensichtlich.

Der "sparsame Umgang mit Ressourcen" ist natürlich auch sehr reizvoll. Mit etwas sparsam umzugehen, von dem es endlos viel gibt, erscheint ja zunächst reichlich überflüssig. Warum eine Lücke in einem Wort lassen, indem man Silben oder Wortteile eines anderen Wortes auch für das zweite Wort mitbenutzt, in dem sie benötigt werden? Warum diese Sparsamkeit, wo man die Wortteile doch problemlos mehrmals aufs Papier bemühen könnte? Vielleicht heißt die Antwort: um aufmerksamer zu werden. Um etwas an einem Wort wiederzuentdecken, was man zum letzten Mal in der Grundschule bestaunt hat: der AFFE im SCHLAR AFFE NLANDE. Das Staunen wieder erlernen. Das Offensichtliche wieder sehen lernen.

Ich meine, dass man für dieses Buch mehr Fantasie braucht als für einen "normalen" Lyrikband. Wer viel Fantasie hat und sich ihr gerne hingibt, dem kann ich den neuen Band von Fritz Huber nur ans Herz legen.


Ein Affe im Schlaraffenlande. erzählbilder & miniaturen
Arovell Verlag, Gosau (Österreich), Mai 2009
ca. 145 S., ISBN 978-3-902547-74-3, Preis 12,90 Euro

© für die obigen Textauszüge: Arovell Verlag

2 Kommentare:

  1. Ich finde es gut, wenn Autoren nicht den jeweiligen "Modeströmungen" folgen, in dem sie u.a. profilierten Lyrikern bzw. Autoren "nachäffen". Es ist "ein Stück Ehrlichkeit", die der eigenen Kunst geschuldet ist.

    tjm.

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  2. liebe(r) tjm.,

    was mir zu deinem kommentar einfällt:

    - 1 tag später geschrieben wäre es - datumsmäßig - fasst so etwas ähnliches wie ein faschingsbeginn-scherz geworden: 11. mai, 11:11 uhr. natürlich macht der mai einen strich durch die rechnung.
    - das 'nachäffen' passt so gut zum buchtitel.

    danke und mfg - der autor

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