Samstag, 19. Mai 2012

Tag #17


Ich habe meine Vorliebe für mallorquinischen Kräuterlikör entdeckt. Zum erstmaligen Konsum wurde ich selbstverständlich angestiftet. So ist das ja meist mit Lastern, die man erst im Alter von 34 Jahren entwickelt.

in mir eine pflanze

die vegetation will mich täuschen, hier ist der mittelpunkt
einer wüste, ein feiner roter staub, der meine hände färbt
beim schreiben. ich steuere dagegen mit grünem schnaps,
esse herabgefallenes von sträuchern und bäumen, in mir
wächst schleichend eine pflanze heran, von der kein arzt
wissen will. mithin erzähle ich von gefälligen dingen, so
beschreibe ich die krankheit, ohne sie zu nennen. ich lüge
selbst dann, wenn ich vorgebe, die unwahrheit zu sagen,
das kommt von meiner pflanze, die ein johannisbrotbaum
werden könnte, der mir aus dem magen bis in den rachen
emporwächst oder vorerst unbemerkt zwischen den zehen
hervorsprießt wie ein übelriechender pilz, über den man
sich ausschweigt. regelmäßig inspiziere ich nun sämtliche
gefährdeten teile meines körpers und befreie sie vom roten
staub, unter dem das wachstum nach außen beginnen wird.


© Horlemann Verlag, 2013

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